25 Mai 2008

Ein Spieletreffen außer der Reihe

... in der schönen Kolping Bildungsstätte in Coesfeld

Der CheforganisatorDieses Treffen hatte ursprünglich einen anderen Zweck. Es sollte ein Redaktionstreffen der Fairplay werden. Wie es immer so geht, am Ende blieben von der Redaktion nur drei Gestalten übrig. Aber die Lücken wurden schnell mit netten Mitspielern aus überregionalen Spieletreffen und aus Coesfeld gefüllt. So machten sich ab Fronleichnam in unterschiedlichen Besetzungen bis zu 15 Damen und Herren eher gesetzteren Alters ans spielerische Werk.

Ich stoße erst am Freitag dazu und renne gleich gegen verschlossene Türen. Keiner da! Nach einem erfrischenden Telefonat mit der Frau des Veranstalters (nicht für sie, aber für mich) finde ich die Bande im Speisesaal bei Kaffee und Kuchen. Der Speisesaal ist fast der wichtigste Raum während der Veranstaltung, denn jeder Besuch dort strukturiert den Tag, trennt Spiele und Spieler.

Die Auswahl ist groß, ich starte mit BRASS. Endlich! Es liegt bei mir noch ungespielt im Regal, hier werde ich in die frühkapitalistische Welt des industriellen Englands eingeführt. Man baut Webereien, Bergwerke, Fabriken, Werften, Häfen und – ganz wichtig – erst Kanäle, hinterher Eisenbahnstrecken. Die produzierten Rohstoffe und Waren sollen schließlich zum Kunden, die wohnen alle in den paar Häfen. BRASS ist definitiv ein gutes Spiel, Martin Wallace und auch die Grafiker haben ganze Arbeit geleistet. Eigentlich genau das richtige Spiel für die Montagsspieler.

Als nächstes steht METROPOLYS auf dem Programm, für mich quasi ein Pflichtspiel. Bei den Montagsspielern ist METROPOLYS ja schon gelaufen. Über die gewöhnungsbedürftige Grafik wird kaum lamentiert, wir starten gleich und ausnahmsweise gewinne ich die Partie. Ist sonst nicht so oft vorgekommen.

Den Abend versüßen wir uns mit einer Partie CONTAINER. Nee, was ist das grausam – das Spiel vermittelt eine negative Aura. Alles ist mühsam, es geht kaum voran. Die reine Depression, Preise und Gewinne sind am Boden – vom Anfang bis ans Ende. Dieses Spiel verbrennt Lebenszeit nur unnütz. Das muss ich nicht wieder haben, aber es soll noch anders kommen … immerhin ist das Bier preiswert genug, um den Frust runter zu spülen.


Am Samstag wird ausgiebig weiter gespielt. Mit WIE VERHEXT steht ein Easy Going auf dem Programm. Man ist versucht, sich seine Karten zusammen zu mischen, kommt aber dann doch ins Grübeln. Welche Karte ist sinnvoll, welche in der aktuellen Situation nicht? Die letzte Karte der Sorte macht den Stich … an Zauber, die Rohstoffe, etc. Nettes Ding – nicht ohne Gedankenschmalz zu spielen. Man (sprich Herbert) könnte es auch aus dem Bauch heraus spielen.

Und jetzt der Auftritt für ein Frauenspiel: Es heißt LINQ und man muss seinen Partner finden. Aber nur so, dass es der Partner merkt und sich kein anderer rein hängt. LINQ macht Spaß, ist aber ein bisschen sophisticated. Ein englisches Wort drückt hier aus, was mit 17 deutschen Wörtern umschrieben werden müsste. Jedenfalls muss man sich in nur einem Wort verständigen. LINQ wird so zu einem gefühlten Deduktionsspiel, bei dem manche lange überlegen, wie sophisticated sie ihre Hinweise geben. Ich gehöre auch dazu …

Eigentlich bin ich ja nur nach Coesfeld gefahren, um ARKHAM HORROR zu spielen. Hätte ich nur dieses eine Spiel gespielt, ich wäre enttäuscht wieder abgereist. Man merkt dem Spiel an, dass es aus der Vor-Computer-Zeit stammt. Das ist Buchhaltung pur. Wie viele Würfel hier, wie viele Monster dort. Der Gegenspieler – das Spielsystem – will leben und lässt die Mitspieler arbeiten. Das passt nicht mehr in die Zeit, das spielt man heutzutage am Computer. Aaaargh, wieder viel Lebenszeit nutzlos geopfert.

Und dann soll ich noch eine grafische Grausamkeit spielen. DINO DETEKTIVE von Amigo sieht nach missglücktem Kinderspiel aus, ist es erstaunlicherweise aber gar nicht. Drei Figuren schickt man übers Brett, nur eine darf aufdecken, was alle anderen abgreifen dürfen. Die Fossilienstücke bastelt man zu Ausstellungstücken zusammen und ist glücklich, wenn man schneller ans Graben kommt, als andere. Allerdings: Wenn der Hund ganz alleine auf einem Ausgrabungsterritorium steht, kommt er nicht an Knochen. Fremde Hunde lässt man gerne stehen, zieht eigene Figuren weiter. Wer hinten sitzt hatt infolgedessen besser Chancen. Aber nur, wenn man am Ende auch noch Bewegungskarten hat. Das Überraschungsspiel für mich, ich hätte nie gedacht, dass DINO DETEKTIVE doch so eine Spieltiefe besitzt.

Zwischendurch dann mit PINGU PARTY eine kleine Kniziasche Lockerungsübung. Man muss ja nicht immer intensiv nachdenken. Ein ultra einfaches Kartenspiel in Deutschland, ein Stapelspiel mit Plastikpinguinen in Übersee.

Erst danach wird wieder richtig gespielt. GLORY TO ROME heißt das kleine exotische Kartenspiel mit Anklängen an SAN JUAN. Es ist auch ein bisschen sophisticated, aber das Ressourcenmanagement macht Spaß. Grafisch ist das ganze allerdings eine Katastrophe. Wenn’s bei Alea käme, ich würde es sofort kaufen.

Und spät abends noch ein ganz altes Spiel: X-Pasch. Das haben wir früher oft gezockt, macht heute immer noch Spaß. Umso mehr wenn einem das Glück holt ist.


Sonntag ist Abreisetag, aber bis Mittag schaffen wir noch einiges, z.B. CANAL MANIA in der zweiten Auflage. Es gibt gegenüber der Erstauflage doch ein paar feine Änderungen. Ich spiele mich allerdings um Kopf und Kragen, und meinen Ärger darf ich nicht dem Spiel anlasten. So dusselig gespielt, so grausam verloren. Seufz – das Leben ist hart!

Wolfgang denktDafür entschädigen zwei Partien UPTOWN. Die erste ist zum Lernen, die zweit ist zum Gewinnen. Ich mag ganz einfach topologische Spiele. Neun Bereiche, neun Spalten und neun Reihen – eben so viele Plättchen kommen von jedem Spieler aufs Brett. Es geht aber gar nicht darum, möglichst große Gebiete zu erobern, sondern nur eines – egal wie groß. Wer seine Plättchen vereinzelt, verliert – so sie denn nicht wieder geschlagen werden. Kleine Schachtel, auch wieder eine hässliche Grafik, aber viel Spielspaß. Das ist so ein Spiel, dass man jetzt immer wieder gerne herausholt, oft spielt, nach dieser Saison wohl wieder vergisst, aber an das man sich Jahre später gerne wieder erinnern wird.

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